Category Archives: Aktuell

OLG Braunschweig zur Pflichtteilsstrafklausel: Keine Sanktion bei einvernehmlicher Ausgleichszahlung

Mit Beschluss vom 13. Februar 2025 entschied das Oberlandesgericht Braunschweig, dass eine Pflichtteilsstrafklausel in einem gemeinschaftlichen Testament nur dann greift, wenn der Pflichtteil nach dem ersten Erbfall aktiv und erkennbar verlangt wird. Das Verlangen setze keine konkrete Bezifferung oder gar ein Auszahlungsverlangen voraus, jedoch eine von gewisser Ernsthaftigkeit und Intensität gezeichnete Interessenwahrung. Ob eine solche vorliege, sei aus der Sicht des Erben unter Berücksichtigung des sog. objektiven Empfängerhorizonts sowie der mit der Pflichtteilsstrafklausel intendierten Schutzzwecke zu beurteilen (OLG Braunschweig, Beschluss vom 13.02.2025, Az. 10 W 11/25).

 

Im zugrunde liegenden Fall hatten die Ehegatten in ihrem Testament aus dem Jahr 1971 eine Pflichtteilsstrafklausel aufgenommen. Die Tochter erhielt 1981 von der Mutter – nach dem Tod des Vaters – unstreitig 110.000 DM. Diese Zahlung beruhte auf einer ausdrücklichen Vereinbarung mit beiden Geschwistern und der Mutter. Die Tochter erklärte dabei schriftlich, ihren „Erbteil“ (nicht: Pflichtteil!) damit erhalten zu haben und auf weitere Ansprüche zu verzichten.

 

Nach dem Tod der Mutter konnte das Oberlandesgericht im Rahmen eines unter den Geschwistern geführten Erbstreits um die Allein- oder Miterbenstellung darin kein objektiv feststellbares pflichtteilsrechtliches Verlangen der Tochter erkennen, sondern nahm eine einvernehmliche Ausgleichszahlung an. Der für die Sanktion erforderliche Pflichtteilsanspruch sei von der Tochter nicht objektiv feststellbar geltend gemacht worden, wie dies für die Auslösung der Pflichtteilsstrafklausel erforderlich sei. Die Schlusserbeneinsetzung beider Geschwister zu gleichen Teilen blieb daher zum Leidwesen des Bruders wirksam.

 

>> Zur Entscheidung des Oberlandesgerichts Braunschweig

Familienpool: Steuerliche Änderungen für Familiengesellschaften zum 31.12.2026

Wichtige Übergangsregelungen im Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) laufen zum 31.12.2026 aus. Diese betreffen insbesondere steuerliche Vorteile für Familiengesellschaften wie die KG. Einlagen von Immobilien in sog. “Familienpools” oder Übertragungen an Gesellschafter bleiben bis dahin unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei.

Nach dem Stichtag ist unklar, ob und in welcher Form diese Begünstigungen fortbestehen werden. Dies könnte zu höheren steuerlichen Belastungen führen. Für alle, die Immobilien innerhalb einer Familiengesellschaft einbringen oder übertragen möchten, empfiehlt sich daher eine frühzeitige Planung, um die derzeitigen Regelungen noch zu nutzen.

Ziel ist es, Vermögenswerte langfristig im Familienbesitz zu sichern und steuerliche Vorteile optimal auszuschöpfen. Der Stichtag bietet einen wichtigen Anlass, bestehende Überlegungen oder Planungen jetzt umzusetzen.

 

FOCUS-SPEZIAL Deutschlands Top-Anwälte im Erbrecht

Seit 2016 werden Bernhard Würzle und Florian Aicher regelmäßig in der jährlich erscheinenden Anwaltsliste des Nachrichtenmagazins „FOCUS-SPEZIAL Anwälte – Deutschlands Top-Anwälte“ im Fachbereich Erbrecht empfohlen, zuletzt auch im Jahr 2024. Dies markiert das neunte Jahr in Folge, in dem beide Anwälte diese Anerkennung erhalten haben.

Die Anwälte der Kanzlei Würzle Aicher Rechtsanwälte, spezialisiert auf Erbrecht und ansässig in München, wurden aufgrund ihrer ausgewiesenen Fachkompetenz und Erfahrung zudem besonders häufig empfohlen. Die Auswahl in die FOCUS-Anwaltsliste basiert auf umfangreichen deutschlandweiten Befragungen von Fachanwälten, die durch renommierte Marktforschungsinstitute durchgeführt werden. Hierbei haben die Befragten die Möglichkeit, Rechtsanwälte außerhalb ihrer eigenen Kanzlei in verschiedenen Fachbereichen zu empfehlen. Die Häufigkeit der Empfehlungen entscheidet über die Aufnahme in die Liste. Im aktuellen Jahr wurden über 12.000 relevante Einzelempfehlungen abgegeben.

Ähnliches siehe hier (Link).

OLG Frankfurt a. M.: Keine Entlassung des Testamentsvollstreckers bei Grabbeigabe von Schmuck

Ein Testamentsvollstrecker handelt nicht grob pflichtwidrig, wenn er auf den lebzeitig geäußerten Wunsch der Verstorbenen Eheringe und eine Kette in ihr Grab legt, obwohl dieser Schmuck per Testament einer anderen Erbin vermacht wurde, die der Grabbeigabe nicht zugestimmt hatte. In einem kürzlich entschiedenen Fall sah das Oberlandesgericht Frankfurt darin keinen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen grober Pflichtverletzung gemäß § 2227 BGB, auch wenn das Vermächtnis dadurch nicht mehr erfüllt werden konnte (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 19.12.2023, Az. 21 W 120/23). Das Gericht bewertete den Wunsch der Verstorbenen als bindenden Auftrag, der nur von allen Erben gemeinsam hätte widerrufen werden können – was nicht geschehen ist. Und selbst bei Annahme einer möglichen Pflichtverletzung wäre diese hier jedenfalls nicht schwerwiegend, da der Testamentsvollstrecker den Wunsch der Verstorbenen als ihn moralisch-sittlich verpflichtend ansah.

Weitere Informationen dazu hier (Link).

Capital: Die besten Kanzleien für Privatmandanten – Erbrecht

Welche Kanzleien sind in ihrem Fachbereich führend? Diese Frage hat sich auch dieses Jahr das Wirtschaftsmagazin Capital gestellt und die gefragt, die es wissen müssen: Fast 4.000 ausgewählte Anwälte haben mit rund 16.260 Empfehlungen deutschlandweit ihre fähigsten Kollegen benannt. Wir freuen uns über das Ergebnis: Zum fünften Mal in Folge werden wir als eine der besten Kanzleien für Erbrecht ausgezeichnet (Capital, Heft 06/2020 “Anwaltslieblinge”, Heft 06/2021 “Spitzenstreiter”, Heft 06/2022 “Mit Recht erfolgreich”, Heft 06/2023 “Die besten Anwälte” und nun Heft 06/2024 “Beste Anwaltskanzleien”).

Ähnliches siehe hier (Link).

OLG Karlsruhe: Grundbucheigentümer (fast) nur noch mit Notar

Neue Regelungen im Geldwäschegesetz haben dazu geführt, dass fast immer ein Notar erforderlich ist, um eine Immobilie im Grundbuch umzuschreiben. Früher war dies nicht immer der Fall, insbesondere bei gerichtlichen Erbauseinandersetzungen und Scheidungsfolgenvereinbarungen, da das Risiko von Geldwäsche in diesen Fällen sehr gering ist. Daran hat sich nichts geändert, dennoch muss der entsprechende Antrag jetzt immer von einem Notar zum Grundbuchamt eingereicht werden. Die Neuregelungen schießen damit übers Ziel hinaus. So konstatiert dies mit Verweis auf die juristische Literatur jetzt auch mehr oder weniger explizit das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem kürzlich ergangenen Beschluss (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.12.2023, 14 W 91/23 [Wx]).

OLG Frankfurt a. M.: Ehe- und Erbvertrag bleibt in amtlicher Verwahrung

Ein in amtliche Verwahrung gegebener, kombinierter Ehe- und Erbvertrag kann später nicht mehr aus dieser herausgefordert werden. Dies gilt auch dann, wenn der kombinierte Vertrag von den Eheleuten später aufgehoben wurde. Auch über eine verfassungskonforme Auslegung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung könnten diese die Eröffnung der Urkunde im Erbfall durch das Nachlassgericht trotz geänderter Willenslage nicht verhindern. So entschied dies kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt a. M., Beschluss vom 19.09.2023, 21 W 63/23).

 

Quelle: Ordentliche Gerichtsbarkeit Hessen >> Pressemitteilung Nr. 56/2023 vom 25.09.2023

BGH: Vorsicht bei lenkender Ausschlagung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte kürzlich über eine fehlgeschlagene “lenkende Ausschlagung” zu entscheiden, bei der es der ausschlagenden Person um den Eintritt des Erbanfalls bei einer bestimmten dritten Person ankam (BGH, Beschluss vom 22. März 2023, IV ZB 12/22). Der Leitsatz der Entscheidung lautet:

 

Irrt sich der eine Erbschaft Ausschlagende bei Abgabe seiner Erklärung über die an seiner Stelle in die Erbfolge eintretende Person, ist dies nur ein Irrtum über eine mittelbare Rechtsfolge der Ausschlagungserklärung aufgrund anderer rechtlicher Vorschriften. Ein solcher Motivirrtum berechtigt nicht zur Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB.

 

Trotz der relativ kurzen Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft gemäß § 1944 Abs. 1 BGB sollte eine taktische bzw. lenkende Ausschlagung somit nie vorschnell und ohne vorherige Beratung erfolgen. Irrige Annahmen über die gesetzliche Erbfolge oder gewillkürte/gesetzliche Ersatzerbfolgeregelungen sowie nicht bekannte (nicht eheliche) Abkömmlinge können hier schnell zu nicht gewollten Ergebnissen führen.

 

>> Zur Leitsatzentscheidung des BGH

BFH: Keine Erbschaftsteuer bei Erwerb durch ausländisches Vermächtnis

In Deutschland belegene Immobilien können steuerfrei vermacht werden, wenn der Erblasser dem Begünstigten die Immobilie durch ausländisches Vermächtnis zuwendet. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 23.11.2022 – II R 37/19 entschieden. Voraussetzung ist jedoch, dass weder der Erblasser noch der Begünstigte Steuerinländer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 ErbStG sind.

 

Die im Jahr 2013 verstorbene Erblasserin hatte bis zu ihrem Tod in der Schweiz gewohnt. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte, der Klägerin, eine Immobilie in München. Im Jahr 2014 wurde das Vermächtnis erfüllt und die Klägerin wurde als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt verlangte von ihr Erbschaftsteuer für diesen Immobilienerwerb. Die Klägerin war hingegen der Auffassung, sie schulde aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes und ihrer dadurch nur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland keine Steuer.

 

Der BFH bestätigte diese Auffassung. Wendet ein im Ausland lebender Erblasser einer ebenfalls im Ausland lebenden Person durch Vermächtnis inländischen Grundbesitz zu, muss der ausländische Begünstigte hierauf keine deutsche Erbschaftsteuer bezahlen. Anders als deutsche Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland sind ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer nur in beschränktem Umfang steuerpflichtig. Sie zahlen Erbschaftsteuer ausschließlich für den Eigentumserwerb an bestimmten gesetzlich definierten Vermögenswerten, darunter grundsätzlich inländische Immobilien. Werden sie jedoch im Testament des Erblassers durch Vermächtnis mit solchen Immobilien bedacht, bleibt dies ausnahmsweise steuerfrei. Insoweit besteht eine Gesetzeslücke. Grund dafür ist, dass beim Vermächtnis der Begünstigte nicht die Immobilie selbst, sondern nur einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dieser Immobilie erwirbt. Die Eigentumsumschreibung muss dann noch separat im Anschluss erfolgen und bedarf der notariellen Beurkundung. Anders verhält es sich, wenn ausländische Erben im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge inländischen Grundbesitz erhalten. Denn dann geht das Eigentum an der inländischen Immobilie direkt mit dem Tod des ausländischen Erblassers auf den ebenfalls ausländischen Erben über. Darauf fällt deutsche Erbschaftsteuer an.

 

Nach der Bestätigung durch den BFH kann die Praxis den steuerfreien Erwerb inländischer Immobilien durch ausländische Vermächtniseinsetzung als legales Gestaltungsmodell nutzen. Seit 2015 und dem Inkrafttreten der EU-Erbrechtsverordnung ist bei Erbfällen im EU-Ausland allerdings Vorsicht geboten: In bestimmten EU-Ländern, z.B. Polen, entfaltet ein Vermächtnis direkte Wirkung. Das bedeutet, dass auch die durch Vermächtnis begünstigte Person direkt das Eigentum an dem inländischen Grundvermögen erbt. Ein steuerfreier Erwerb inländischer Immobilien ist dann nicht möglich.

 

Quelle: Bundesfinanzhof, Pressemitteilung Nr. 14/23 vom 28.02.2023 zum Urteil II R 37/19 vom 23.11.2022

OLG Köln: In-Sich-Geschäft des Testamentsvollstreckers

Das Oberlandesgericht Köln hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob ein Testamentsvollstrecker, der zugleich Mitglied der unter seiner Testamentsvollstreckung stehenden Erbengemeinschaft ist, ein Grundstück aus dem Nachlass an sich selbst verkaufen kann (OLG Köln, Beschluss vom 05.10.2022, 2 Wx 195/22). Das Gericht bejahte die Zulässigkeit eines solchen In-Sich-Geschäfts des Testamentsvollstreckers im konkreten Fall jedenfalls dann, wenn der Verkauf nicht weit unter Wert erfolgt, mithin sich als eine Maßnahme der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses darstellt. Im Leitsatz der Entscheidung heißt es dazu wie folgt:

 

1. Eine Befreiung des Testamentsvollstreckers vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) muss nicht zwingend ausdrücklich in der letztwilligen Verfügung angeordnet werden.

 

2. In der Ernennung eines Miterben zum Testamentsvollstreckers liegt in der Regel die Gestattung derjenigen In-Sich-Geschäfte, die im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses liegen; an die Ordnungsmäßigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen (Anschluss BGH, Urteil vom 29. April 1959 – V ZR 11/58, BGHZ 30, 67 = NJW 1959, 1430).

 

>> Zur Leitsatzentscheidung des Oberlandesgerichts Köln